«Normalerweise bin ich als strategische Leiterin der KiTa Sunneschii tätig. In der aktuellen Situation springe ich überall dort ein, wo es mich braucht. Ich koche für die Kinder, übernehme Betreuungsaufgaben und entlaste unsere KiTa-Leiterin.»

Im Gespräch mit Karin Faes

Das Engagement von Karin Faes ist beeindruckend. Die Mutter von drei Kindern kandidiert im kommenden Herbst 2020 für die Grossratswahlen im Kanton Aargau und ist Mitglied der FDP Frauen der Region Aarau. Zudem ist sie seit 2014 tätig im Vorstand des Gemeindeverbands Aargau Süd Impuls sowie seit 2018 im Vorstand des Hauseigentümerverbandes (HEV) Aargau und Kulm. Neben ihrem politischen Engagement leitet Karin Faes seit 2008 gemeinsam mit ihrem Mann ein Bauunternehmen in Oberkulm und baute im Jahr 2011 die KiTa Sunneschii auf, wo sie seither als strategische Leiterin tätig ist.

Den Kontakt zu Karin Faes hat FDP Nationalrätin Maja Riniker hergestellt. Die beiden freisinnigen Frauen kennen sich aus dem Vorstand des HEV Aarau und Kulm. Maja Riniker schrieb uns in einer E-Mail: «Ich finde, sie wäre ein sehr gutes Beispiel für uns.»
Wir teilen diese Meinung und luden Karin Faes zu einem gemeinsamen Telefongespräch ein.

Karin Faes zusammen mit ihrer Tochter in der KiTa Sunneschii.

Wie hat sich die Corona-Krise bisher auf Ihren privaten, politischen sowie beruflichen Alltag ausgewirkt?
Ich arbeite in unserer eigenen Bauunternehmung, was mir grundsätzlich eine gewisse Flexibilität in Bezug auf Home-Office und Kinderbetreuung ermöglicht. Doch wie bei vielen Frauen und Männern, die in einem Familienbetrieb tätig sind, wirkt sich die Corona-Krise dennoch spürbar auf den beruflichen Alltag aus. Die Betreuung der Kinder im Allgemeinen und im Besonderen beim Homeschooling sowie die Unterstützung von Risikopatienten (beim Einkaufen etc.) führen zu zusätzlichem Organisationsaufwand.

Neben der eigenen Unternehmung bin ich als strategische Leiterin, der von uns aufgebauten KiTa Sunneschii, tätig. Der Kanton Aargau hat früh die Auflage herausgegeben, dass familienergänzende Tagesstrukturen ihren Betrieb aufrechterhalten müssen. Es gilt den Betreuungsschlüssel einzuhalten und jegliche Risiken einer Schliessung zu minimieren. Unser KiTa-Personal wurde aus diesem Grund in zwei Kerngruppen aufgeteilt, die sich nie überschneiden und so nie miteinander in Berührung kommen. Durch eine geringere Personaldichte kann es zu Engpässen kommen. Um diesen zu begegnen, stand für mich fest – ich helfe tatkräftig mit, wenn es mich braucht. Um meine Einsatzbereitschaft zu gewährleisten und Ansteckungsgefahr zu minimieren, geht meine eigene Tochter aktuell nicht in die KiTa. 

Privat hat sich insbesondere bei einem unserer Söhne und bei unserer Tochter viel verändert. Unser 20-jähriger Sohn ist aktuell für das Militär in Spitälern im Einsatz und die Jüngste übt sich im Homeschooling. Das Homeschooling fordert nicht nur unsere Tochter, sondern auch uns als Eltern. Einerseits hat sich die Schliessung der Schulen sehr kurzfristig ergeben, sodass man sich rasch umorganisieren musste und andererseits bedarf die Betreuung der Wochenpläne viel Zeit. Homeschooling und Homeoffice parallel nebeneinander ist schwierig umsetzbar und sehr herausfordernd.

Diese Herausforderung spüren wir auch in der KiTa. Viele Eltern nehmen nun wieder vermehrter das Betreuungsangebot in Anspruch.

Politisch führt die ausserordentliche Lage dazu, dass praktisch kompletter Stillstand herrscht. Der Startschuss zum Wahlkampf für die Grossratswahlen im Herbst wurde ausgebremst, es findet weniger politischer Austausch statt und viele politische Projekte in der Region mussten gestoppt werden.

Zusammenfassend ist die Corona-Krise für mich persönlich in allen drei Bereichen, privat, politisch sowie beruflich stark spürbar.

Gibt es Engagements, welche Sie während dieser ausserordentlichen Lage verstärkt verfolgen?
Normalerweise bin ich als strategische Leiterin der KiTa Sunneschii tätig. In der aktuellen Situation springe ich überall dort ein, wo es mich braucht. Ich koche für die Kindern, übernehme Betreuungsaufgaben und entlaste unsere KiTa-Leiterin bei der Administration. Es ist wichtiger denn je, dass ich an Orten in Erscheinung trete, wo ich es im Normalfall nicht tue und unserer KiTa Leiterin der Rücken freihalte.

Nennen Sie die grössten Herausforderungen, die sich dabei ergeben.
Wir befinden uns alle in einer ausserordentlichen Lage, die unsern Alltag direkt beeinflusst.

Insbesondere der Beginn der Corona-Krise war für uns ein grosser Kraftakt. Bei vielen Eltern herrschte eine grosse Unsicherheit und Angst, dass die KiTas ebenfalls schliessen müssen. Nach den ersten Freitagspressekonferenzen waren die Wochenenden für uns stets dicht gefüllt mit strategischen Planungsarbeiten. Wir mussten Machbarkeiten und Lösungen für verschiedenste Szenarien entwerfen und standen in engem Austausch mit den betroffenen Eltern.

Sehr positiv in dieser Zeit war für mich die uneingeschränkte Unterstützung der KiTa-Familien. So hat ein Teil der Familien aus Solidarität ihre Kinder zu Hause betreut damit wir unser 2-Kerngruppen-System überhaupt umsetzen konnten.

Entgegen zahlreichen Zeitungsberichten war bei uns die Zahlungsmoral noch nie so gut wie während der aktuellen Corona-Krise. Eltern, die in Hochrisikoberufen arbeiten, sind noch verstärkter auf verlässliche und flexible familienergänzende Tagesstrukturen angewiesen.

Die grösste Herausforderung, welche sich ergibt, ist das hohe Mass an Flexibilität, das aktuell abverlangt wird. Im KiTa-Alltag bedeutet das, dass vermehrt Unruhen entstehen, gewisse Strukturen aufbrechen und ein Mehraufwand in der Organisation sowie Administration anfällt.
Blicke ich demgegenüber auf die Baubranche erkenne ich eine grosse Diskrepanz. Zurzeit werden viele Prozesse verlangsamt, es wird wenig entschieden und man tut sich schwer mit der langfristigen Planung von Projekten. Diese Diskrepanz spürt man in verschiedensten Bereichen und betrifft sowohl viele Eltern als auch deren Kindern.

Ergeben sich auch neue Chancen und Möglichkeiten durch diese Krise?
Ich bin überzeugt, dass das Corona-Virus unseren Alltag auch über die Krise hinaus prägen wird. Dabei sehe ich insbesondere mit Blick auf weiche Faktoren grosse Chancen. Das gegenseitige Vertrauen gegenüber den Eltern und gegenüber unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der KiTa aber auch in unserem Baubetrieb nimmt zu. Das Vertrauen wird nicht beschädigt, sondern spürbar und nachhaltig verstärkt.

In Bezug auf die Kinderbetreuung gehe ich davon aus, dass man in vielen Bereichen zum Bewährten zurückkehren und Ruhe einkehren lassen wird.

Des Weiteren wurden Kinderbetreuungsinstitutionen als systemrelevant anerkannt und die Öffentlichkeit scheint zu realisieren, wie unverzichtbar funktionierende familienergänzende Tagesstrukturen sind. Ich erhoffe mir, dass diese Anerkennung auch nach Überwindung der Krise erhalten bleibt. Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf brauchen wir neben funktionierenden Institutionen auch die nötigen politischen Rahmenbedingungen.  

Was möchten Sie abschliessend der Bevölkerung mit auf den Weg geben?
Es liegt mir sehr am Herzen, Danke zu sagen.

Insbesondere möchte ich allen stillen Helfer danken, die in der aktuellen Situation für andere Menschen, mit einer bewundernswerten Selbstverständlichkeit, alltäglich Dinge erledigen.

Aktuell wird unglaublich viel im Privaten geleistet. Unsere Gesellschaft scheint gut zu funktionieren und die Solidarität wird gelebt.

Abschliessend bitte ich alle, weiterhin die Regeln des Bundesrats zu befolgen und diszipliniert zu bleiben. Es ist verständlich, dass vermehrt eine gewisse Ungeduld aufkommt und da schliesse ich mich nicht aus. Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass wir die Wirtschaft und das öffentliche Leben schneller wieder hochfahren können, wenn wir alle gemeinsam durchhalten und eigenverantwortlich sowie selbstdiszipliniert handeln. Nur so können wir Schlimmeres für die Wirtschaft und Gesellschaft verhindern.