Elisabeth Kopps Erbinnen

Nachruf auf eine Pionierin

Elisabeth Kopp-Iklé führte ein Leben im Dienst der Gesellschaft. Sie verstarb am 7. April 2023 im 87. Lebensjahr. Ihr Vermächtnis lebt weiter. Wir sind ihr zum Dank verpflichtet.

Elisabeth Kopp hatte die Rolle als Pionierin der Schweizer Frauen in der Politik nicht gesucht, aber sah sich der Gleichstellung verpflichtet. Mutig, engagiert, allein unter Männern, ebnete sie Frauen den Weg. Rückwirkend betrachtet, zeichnete sich ihr Werdegang schon früh ab. In ihrer Kindheit wurde ihr beigebracht, dass nichts unmöglich ist. Sie verinnerlichte ein Verständnis für Engagement, Zivilcourage und Gleichberechtigung. Sie unterbrach 1956 ihr Jus-Studium während des Ungarn-Aufstandes für zwei Jahre, um die «Studentische Ungarnhilfe» zu unterstützen. Auch im militärischen Frauenhilfsdienst war sie als Sanitätsfahrerin und Gruppenführerin tätig.

Einsatz für die Gleichstellung

Ab 1957 engagierte sie sich öffentlich für die Gleichstellung von Mann und Frau. Sie war überzeugt: «Frauen können nicht ein bisschen gleichberechtigt sein. Es geht nur ganz oder gar nicht.» 1970 wurde sie als junge Mutter und Ehefrau zur Gemeinderätin von Zumikon (ZH) gewählt. Im männerdominierten Gemeinderat realisierte Elisabeth Kopp schnell, wie wichtig es ist, dass Frauen in politischen Gremien vertreten sind: «Frauen setzen in der Politik oft andere Prioritäten, weil sie Auswirkungen auf Frauen und Kinder stärker im Blick haben.» Elisabeth Kopp liess ihre Erfahrungen als Mutter, Ehe- und Hausfrau in die Beurteilung und Ausarbeitung von Gemeindeprojekten einfliessen. Die Abstimmungsresultate gaben ihr Recht. Bereits vier Jahre später wurde sie 1974 zur Gemeindepräsidentin von Zumikon und gleichzeitig zur ersten Gemeindepräsidentin der Deutschschweiz gewählt. Von Projekten, die sie initiierte und umsetzte, profitieren die Gemeinde und deren Einwohnerinnen und Einwohner noch heute.

Rasanter Aufstieg

1972 wurde sie bereits als erstes weibliches Mitglied des Erziehungsrats des Kantons Zürich gewählt, fünf Jahre später schaffte sie den Sprung in den Nationalrat. Am 2. Oktober 1984 wurde Elisabeth Kopp – als Vizepräsidentin der FDP Schweiz – im ersten Wahlgang zur ersten Bundesrätin der Schweiz gewählt (und dies trotz «Zweierticket» bei der Nomination). Als Bundesrätin leistete sie einen unermüdlichen Einsatz für das neue, partnerschaftliche Eherecht, setzte wegweisende Pfeiler in den Bereichen Miet- und Arbeitsvertrag, bäuerliches Bodenrecht und konzeptionelle Raumplanung. Sie initiierte die Totalrevision der Bundesverfassung, modernisierte die damalige Ausländerpolitik und schuf das Amt eines «Delegierten für Flüchtlingswesen». Und das alles in nur vier Jahren. Was hätte sie wohl noch angepackt, wenn sie länger im Amt hätte bleiben können?

Für mehr Frauen in der Politik

Nach ihrem Rücktritt 1989 – aufgrund massiven öffentlichen Mediendrucks und fehlendem Rückhalt im Bundesrat und in der eigenen Partei – zog sie sich zunächst mehrheitlich aus der Öffentlichkeit zurück, engagierte sich aber weiterhin für wertvolle Projekte. Sie studierte Europa- und Menschenrecht in Florenz, wurde Ehrenmitglied der Anna-Göldi-Stiftung, Stiftungsrätin der Kyria-Stiftung und unterstützte seit einigen Jahren die nationale Kampagne «Helvetia ruft!» für mehr Frauen in der Politik.

Wer ihre Nachrufe liest, lernt eine grosse Figur der Schweizer Geschichte kennen: ein Vorbild, eine Inspiration, eine Motivatorin für junge Frauengenerationen. Die Nachrufe mit Fokus auf ihre politischen Erfolge und ihren Einsatz für unser Land stimmen mich zuversichtlich, dass die Geschichtsschreibung Elisabeth Kopp einen besseren Platz einräumen wird, als es ihre Zeitgenossen lange taten. Wäre es nicht richtig gewesen, dieser undogmatischen Pionierin weiblicher Politik bereits zu Lebzeiten mit mehr Dankbarkeit für ihre grossen Verdienste zu begegnen?

Kathrin Loppacher, Co-Präsidentin FDP Frauen Kanton St.Gallen