Individualbesteuerung jetzt!

«Das Potential der vielen gut ausgebildeten Frauen in der Schweiz muss genutzt werden.»

Die Diskussion rund um die Abschaffung der «Heiratsstrafe» und damit einhergehend die Einführung der Individualbesteuerung bleibt auch im Jahr 2020 hochaktuell. Die neuste Publikation von Avenir Suisse zeigt, dass mit einer modifizierten Individualbesteuerung auf Bundesebene die Zunahme der Erwerbstätigkeit schätzungsweise 20’000 Vollzeitstellen beträgt und im Vergleich zu anderen Lösungsansätzen vergleichsweise geringere Steuerausfälle nach sich zieht.

Mit Blick auf die bevorstehende Abstimmung vom 27. September 2020 stehen gleichstellungspolitische Reformen erneut im Fokus der Debatten. Neben der steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten entscheidet die Schweizer Stimmbevölkerung auch über die Einführung eines zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs.

Grundsätzlich begrüssen die FDP.Die Liberalen Frauen Schweiz derartige Debatten. Verfolgt man jedoch das Ziel einer deutlichen Erhöhung der Partizipation von Frauen im Arbeitsmarkt, erscheint die Individualbesteuerung als ein noch wirkungsvolleres Instrument. Frauen zunehmend in den Arbeitsmarkt einzubinden, wirkt sich nicht nur positiv auf die Gleichstellung der Geschlechter aus, sondern macht auch aus volkswirtschaftlich Sicht Sinn.

Familienmodelle haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Frauen sind öfter erwerbstätig als früher, dennoch wird das grosse Potential von gut ausgebildeten Frauen in der Schweiz noch zu wenig genutzt. Die heute publizierte Studie vom liberalen Think-Tank Avenir Suisse macht darauf aufmerksam, dass zwar rund 80% der Mütter einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, doch die meisten sich auf ein Teilzeitpensum beschränken. Die Autoren sprechen von einem negativen Erwerbsanreiz für Mütter. Eine Erhöhung der Erwerbstätigkeit für eine Mutter lohnt sich finanziell nur bis zu einem Pensum von 60%, danach übersteigen die Ausgaben in Form von Steuern und Betreuungskosten das zusätzliche Einkommen.

Fest steht, dass die Hürden, die einer Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen im Weg stehen, zwingend abgebaut werden müssen. Als grosses Hindernis erweist sich gemäss der neuen Avenir-Suisse-Publikation das Schweizer Steuersystem. Bei der Untersuchung von aktuellen Reformvorschlägen zur Familien- und Ehepaarbesteuerung auf Bundesebene kommen die Autoren Valérie Müller und Marco Salvi zum Schluss, dass die Individualbesteuerung die negativen Erwerbsanreize im schweizerischen Steuersystem am effizientesten abbauen kann.

Eine entsprechende Motion der FDP-Fraktion wurde bereits vor 15 Jahren in beiden Räten angenommen. Seither hat der Bundesrat keine weiteren Schritte unternommen. FDP-Nationalrätin und Geschäftsleitungsmitglied der FDP Frauen Schweiz Christa Markwalder forcierte das Thema 2019 mit ihrer Motion «Individualbesteuerung endlich auch in der Schweiz einführen» erneut. Sie beauftragte den Bundesrat, dem Parlament rasch und unter Einbezug der Kantone einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher einen Systemwechsel von der Ehepaar- und Familienbesteuerung zur zivilstandsunabhängigen Individualbesteuerung vorsieht.

Der Bundesrat nahm zwar Stellung zur Motion, dennoch blieb bisher die Behandlung in den Räten aus. Aus diesem Grund bleiben die FDP.Die Liberalen Frauen Schweiz am Ball und fordern den Bundesrat und das Parlament auf, die modifizierte Individualbesteuerung endlich voranzutreiben.

FDP.Die Liberalen Frauen Schweiz

Susanne Vincenz-Stauffacher
Christa Markwalder