Party Over – Die Corona-Krise hat dem Gastgewerbe hart zugesetzt.

Im Gespräch mit Kamylla J. Lisi-Brandino - Ein Gastbeitrag der FDP Frauen Kanton Zürich

Die Corona bedingte Schliessung von Restaurants, Bars und Hotels hat das Gastgewerbe hart getroffen. Mitten drin Kamylla J. Lisi-Brandino. Sie und Ihr Mann Samuel haben sich auf den Import von Premium Spirituosen und italienische Weinen spezialisiert. Wir wollten von Kamylla wissen, wie Sie den Lockdown erlebt hat, und ob sie davon ausgeht, dass sich das Gastgewerbe schnell wieder erholen wird.

Kamylla J. Lisi-Brandino, Mitgründerin INDIEDRINKS GmbH

Mitte März hat der Bundesrat die ausserordentlichen Massnahmen verschärft und unter anderem die Schliessung des Gastgewerbes angeordnet. Wie haben Sie diesen abrupten Eingriff persönlich erlebt?
Wir haben zuerst einmal leer geschluckt, hatten wir doch alle niemals mit einer solchen ausserordentlichen Situation gerechnet. Uns war aber immer klar, Gesundheit geht vor und wenn wir uns alle an die Regeln halten, gibt es auch ein Leben nach Corona. Als dann keine Bestellungen mehr eintrafen, bestellte Waren storniert wurden und Kunden uns mitteilten, dass offene Rechnungen auf unbestimmte Zeit nicht beglichen werden können, hatten wir nicht gerade schlaflose Nächte, wir machten uns aber doch ein paar Gedanken.

Keine angenehme Vorstellung. Wie haben Sie auf mögliche Zahlungsengpässe bei Ihren Kundinnen und Kunden reagiert?
Hier hat sich unsere Strategie, immer genügend Liquidität bereit zu haben, ausgezahlt. So waren wir in der Lage, unseren Kunden ein Zahlungsziel einzuräumen. Gleichzeitig haben wir offene Forderungen sofort beglichen, um unsere Lieferanten zu unterstützen.

Im Gastrogewerbe ist der Absatz von heute auf morgen gegen Null eingebrochen, konnten Sie in anderen Bereichen kompensieren?
Wir beliefern auch den Online- und Detailhandel, damit hat sich die Situation für uns schnell und unerwartet entspannt. Der Spirituosenkonsum hat sich von der Gastronomie nach Hause verlagert und die Umsätze über diesen Kanal haben deutlich zugenommen. Somit kann man sagen, wir sind mit einem blauen Auge davongekommen, aber sitzen immer noch auf einem beträchtlichen Berg von unbezahlten Rechnungen. Wir suchen nach partnerschaftlichen Lösungen, auch das gehört zum Unternehmertum dazu.

Seit dem 11. Mai sind die Restaurants wieder offen. Die Schutzmassnahmen sind einschneidend. Abstandsregeln, Personal mit Mundschutz und nur Besuchergruppen von maximal vier Personen. Sperrstunden-Auflagen. Wie wirken sich die Massnahmen auf die Besucherfrequenz aus?
Ich habe starke Zweifel, ob mit diesen Regeln überall ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb möglich ist. Gerade die Bar-Szene lebt auf engem Raum und hat selten die Möglichkeit, genügend Sitzmöglichkeiten zu stellen, um genügend Gäste zu bedienen und Gewinn zu erzielen. Es muss daher möglich sein, dass diese Betriebe weiterhin einen Teil Kurzarbeit anmelden, bis sich die Situation weiter entspannt hat.

Ein grundsätzliches Problem ist damit aber noch nicht gelöst. Viele Betriebe wirtschaften sehr nah an der Existenz. Im Normalbetrieb mag das Monat für Monat knapp aufgehen. Wenn aber ein unerwartetes Ereignis eintritt, fehlen die nötigen Reserven, sowohl beim Unternehmen wie auch beim Unternehmer selber. Ein über Jahre klein gehaltener Eigenlohn rächt sich nicht nur bei der Krisenüberbrückung, sondern auch langfristig, zum Beispiel bei der Altersvorsorge. Eine Überlegung, die wir auch bei unseren Kundengesprächen einbringen, wenn es um die Preis- und Margengestaltung geht.

Wie geht’s weiter, nach dem Lockdown findet die Gastrobranche wieder zurück in die Normalität?
Die aktuelle Pandemie könnte eine überfällige Bereinigung beschleunigen, was natürlich auf das Einzelschicksal gesehen immer tragisch ist, aber dem Markt selber guttut.

Ich sehe in Zukunft einen Vorteil bei flexiblen Konzepten, die sich auf veränderte Marktbedingungen anpassen können. Beispielsweise mittags ein einfaches, aber hochwertiges Menü zubereiten und abends auch ein schönes Ambiente anbieten können. Ebenfalls sollten neue Trends genutzt werden, wie beispielsweise kürzere Lieferwege. Unser Ess-und Trinkverhalten verändert sich mit einer nie dagewesenen Geschwindigkeit. Was heute noch funktioniert, ist morgen bereits überholt und die Gäste bleiben aus.

Wie gehen Sie unternehmerisch mit dieser Entwicklung um? Setzen Sie zum Beispiel andere Sortimentsschwerpunkte oder gehen Sie neue Absatzwege?
Wir nehmen vor allem zwei Punkte daraus mit: 1. Diversifikation und 2. Liquidität. Das sind zwei wichtige Säulen um erfolgreich als Unternehmen zu bestehen. Wir erwarten trotz Corona ein ausgeglichenes Jahr und hatten nie Existenzängste in dieser Zeit.

Können Sie der Corona-Krise auch etwas Positives abgewinnen? Gibt es etwas, das Sie langfristig weiterverfolgen möchten?
Wir sehen jede Krise als Chance, man muss investieren, wenn es Niemand anderes tut. Wir haben deshalb in die Entwicklung von neuen Produkten investiert und hoffen, mit diesen bald auf das Ende von Corona anstossen zu können.

Sibylla Stoffel-Hahn